Ausschließlichkeitsbestände übertragen

Ausschließlichkeitsbestände übertragen – was ist zu beachten?

Bestandsübertragung bei Ausstieg aus der Ausschließlichkeitsorganisation

 

Grundsatz
Der bisher als Versicherungsvertreter oder Mehrfachagent für einen oder mehrere Versicherer betreute Bestand ist der Bestand des/der Versicherer/s. Der Vermittler, der aus der Ausschließlichkeit aussteigt, hat keinen Anspruch auf Bestandsübertragung. Ihm soll aber unter bestimmten Voraussetzungen ein finanzieller Ausgleich zukommen. Denn der Mehrwert, der in dem vom Vertreter/Mehrfachagenten für den Versicherer generierten Bestand steckt, wird zugunsten des ausscheidenden Vertreters u. U. mit dem sogenannten „Ausgleichsanspruch“ nach § 89b HGB abgegolten.

Ausnahme
Der Versicherer und der ausscheidende Vertreter/Mehrfachagent treffen eine Vereinbarung über die Übertragung des (gesamten) Bestandes an den Vermittler.

  • Derartige Vereinbarungen sind in der Branche zwischen Versicherern und Vermittlern sehr selten. Allenfalls die Übertragung eines Teils des Bestandes wird ab und an vereinbart.
  • Häufiger kommt die Bestandsübertragung dagegen in Betracht, war der Vermittler nicht direkt für einen Versicherer in der Ausschließlichkeit tätig, sondern einer Agentur angeschlossen.

Wettbewerb
Sobald der Vertreter aus der Ausschließlichkeit ausgeschieden ist, sein Vertreter- oder Agenturvertrag mit dem Versicherer/der Agentur beendet ist, darf er sich grundsätzlich als Makler mit Erlaubnis nach § 34 d GewO selbständig machen. Sobald er die Erlaubnis bekommen hat, darf er auf demselben Markt (räumlich und fachlich) um seine Kunden werben. Drei Dinge sind dabei zwingend zu beachten:

Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Versicherers/der Agentur
Für die Kontaktaufnahme zum Kunden, der bisher durch den Vermittler im Rahmen seiner Ausschließlichkeit betreut wurde, dürfen nicht die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse aus der Zeit der Ausschließlichkeit verwendet werden. Das heißt, Adresslisten (egal, ob selbst erstellt oder aus dem Verwaltungsprogramm des Versicherers stammend) dürfen nicht verwendet werden. Gleiches gilt für Daten aus alten Provisionsabrechnungen. Die Kontaktdaten der potenziellen Kunden des Maklers müssen also aus legaler Quelle stammen, z. B.:

  • öffentlich zugängliche Adressregister
  • geprüfte Leads
  • „Elefantengedächtnis“ – soweit sich der Makler an die Kontaktdaten der Ausschließlichkeits-Kunden tatsächlich erinnert, also nicht auf die Unterlagen des Versicherers/der Agentur zurückgreift, dürfen diese Daten verwendet werden.
  • Der Ausschließlichkeits-Kunde meldet sich aktiv beim Makler.

Einhalten der allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften
Jeder Kunde, den der Makler früher im Rahmen der Ausschließlichkeit betreut hat, ist nach dem Ausscheiden aus der Ausschließlichkeit rechtlich gesehen als Neukunde zu betrachten. Für den Makler gelten wie auch für jeden anderen Dienstleister v. a. auch bei der Neukundenakquise die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Demnach ist bei Werbemaßnahmen gegenüber Verbrauchern vor allem zu beachten, dass eine Kaltakquise per Fax, Telefon oder E-Mail unzulässig ist. Das heißt, der erste Kontakt zum Kunden darf leider nicht über den bequemen Weg des Telefons oder der Rund-E-Mail stattfinden. Bei Gewerbekunden sieht dies etwas anders aus: Hier ist eine Kontaktaufnahme per Fax, Telefon oder E-Mail dann zulässig, wenn der Makler – objektiv betrachtet – davon ausgehen durfte, dass der Angerufene Interesse an dem Produkt hat. Die Beweislast hierfür trägt im Streitfall der Makler. Das Argument, „Jeder braucht doch eine Versicherung für seinen Betrieb“, dürfte dafür nicht ausreichend sein.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Neben dem Vorgenannten ist stets auch zu prüfen, ob sich aus dem Vertreter-/Agenturvertrag ein wirksames nachvertragliches Wettbewerbsverbot ergibt. Ein solches ist nur in engen zeitlichen Grenzen möglich, kann also längstens auf die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Zudem bedarf es für diese Zeit eines finanziellen Ausgleichs zugunsten des Vertreters, der letztlich seiner beruflichen Tätigkeit in dieser Zeit nicht nachkommen kann. Ist eine solche Karenzentschädigung nicht vertraglich für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots vorgesehen, dann ist die Klausel in der Regel unwirksam, sodass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht besteht.

Achtung: In den Wettbewerb zum bisherigen Versicherer/Agentur darf der Makler erst dann treten, wenn der Vertretervertrag/Agenturvertrag tatsächlich beendet ist. Während einer laufenden Kündigungsfrist besteht also das Wettbewerbsverbot noch. Dies gilt auch dann, wenn der Vermittler für den Rest der Vertragslaufzeit, also während der Kündigungsfrist, freigestellt wurde.

Korrespondenzmakler
Gelingt es dem Makler, einen bisher im Rahmen der Ausschließlichkeit betreuten Kunden und dessen Vertragsbestand zulässig in den eigenen Bestand zu übernehmen und wird der Versicherungsvertrag beim selben Versicherer fortgeführt, ist der Versicherer berechtigt, seinen ehemaligen Vertreter nur als sogenannten „Korrespondenzmakler“ zu führen. Das bedeutet, dass der Bestand diesem Makler zugeschlüsselt wird, die Korrespondenz über diesen Makler geführt wird, für den Makler jedoch kein Provisionsanspruch (Bestandspflegeprovision) besteht.